Kreativstätte
Raum für Themen, Texte und Inszenierung
„Meine neue Welt“
eine Kunstinstallation der Lernenden aus der Ukraine
an der Rudolf-Koch-Schule, Gymnasium der Stadt Offenbach
Angeleitet von der Lyrikerin Tamara Labas schrieben Lernende der Intensivklasse zunächst Gedichte, in denen sie ihr Gefühl zu ihrer aktuellen Lebenssituation zum Ausdruck brachten. Anschließend gestalteten die Lernenden gemeinsam mit der Lyrikerin eine Kunstinstallation, die nun in der Aula der Schule zu sehen ist.
Auf einem Sockel steht eine große Papiertüte, die mit ausgerissenen Seiten eines alten literarischen Werkes beklebt ist. Aus ihr quillt braunes Papier in einer Bahn, die sich über den Boden bis zum zweiten Sockel drapiert und die zwölf handgeschrieben Gedichte auf kunstvoll gestaltetem Papier trägt.
Dem Betrachtenden drängen sich erste Assoziationen auf wie „aus der Zivilisation und Geborgenheit hinausgeworfen“ oder „aus der Bahn geworfen zu sein“. // Was soll ich? // Ich weiß nicht, was ich soll // Ich weiß nicht, wo ich bin // Ich weiß nicht, wo ich hingehöre // Wer bin ich nun? // Wer? // ist auf dem ersten Gedicht zu lesen. // Ich habe keinen Gedanken // Nichts // Ich schwebe in der Luft // diese ist heiß und eng // beschreibt ein anderes das Gefühl der plötzlichen Entwurzelung.
Auf dem gegenüberstehendem Sockel ist eine dreidimensionale Arbeit zu sehen. Ein skizzenhaftes Porträt mit einem Pony aus echtem blondem Haar und davor einem Gelände, das an eine Baustelle denken lässt. Die Rückseite zeigt eine surreale Collage mit einer überdimensional großen Hand, aus der sich Palmen erheben. Zwischen den Fingern der Hand sind Zeitungsfetzen, die sich über philosophische Weisheiten auslassen. Den Hintergrund bilden dynamische Pinselstriche in blau, grün und weiß - was eine gewisse Unruhe erzeugt. Die rechte Ecke scheint von einem grau angemaltem Styropor geschützt zu sein, doch es zieht sich ein Riss durch den Schutz. Das Styropor hat die Form einer verdrehten Sieben, auf der braunes Papier in Form von abstrakten Wolken geklebt ist, auf denen diese Zeilen stehen: // es ist eine Pause in meinem Leben // die einzige Regel in Deutschland // laden Sie nicht von allen Seiten herunter // es ist eine Pause in meinem Kopf // diese Pause ist ein Schmerz //.
Ein weiteres Gedicht offenbart: // Ich bin müde // Ich bin von allem müde // Mein Geist ist erschöpft // Mein Schlaf ohne Träume //. Auch wenn in den meisten Gedichten Klage, Verlorensein, Leere und Heimweh dominieren, deutet dieses Gedicht einen Hauch paradoxer Hoffnung an: // Kein. // Es gibt kein Kein // Es gibt Leere // auch wenn sie transparent ist //.
Trotz allem Schrecken ist in der Tiefe unseres Seins die Hoffnung nicht auszurotten, scheint uns das dreidimensionale Werk am Fuße des ersten Sockels zu suggerieren. Eine ländliche Idylle der Stille und Ruhe lädt zum Verweilen ein. Tische und Stühle warten schon auf Einkehrende (oder Heimkehrende?). Über dem Himmel mit Schönwetterwolken und Sonnenschein rankt ein Gedicht, umrahmt vom Zeitungspapier: Frühling Frühling // du bist schön // ich liebe dich // und alles Grün // grüne Bäume // grüne Sträucher // ein blauer // Fluss fließt // der Winter ist vorbei // und der Sommer // kommt bald //.
Die auf mehreren Ebenen komplexe Installation lädt zum weiteren Entdecken und Sinnieren ein.
Schreibwerkstatt und Kunstinstallation
an der Rudolf-Koch-Schule, Gymnasium der Stadt Offenbach
Was bewegt junge Menschen? Antworten gaben Lernende einer 6. Klasse der Rudolf-Koch-Schule. Ihre Gedanken fassten die Schüler:innen in Gedichte, die sie kunstvoll auf Papier brachten und in Jeans-Hosen einnähten. Bei der Tonaufnahme unterstützte uns Mathias Hundt. Themen der Umweltzerstörung, des Klimawandels und gesellschaftspolitische Fragen verwoben sich mit persönlichen Ängsten, Problemen und Freuden. In der Kunstinstallation "Was mir durch den Kopf und Bauch geht" wurde die Jeans-Hose zum Träger des Persönlichen und zum Symbol für Globalisierung und Umweltzerstörung. Das Projekt fand im Schuljahr 2021/22 statt und wurde am Kulturtag am 28.06.2022 präsentiert.
Schulkünstlerprojekt "Wurzelkoffergeschichten"
an der IGS Schillerschule Offenbach am Main
Im Schuljahr 2020/21 war ich Schulkünstlerin an der IGS Schillerschule in Offenbach am Main. Die in der Schreibwerkstatt entstandenen Texte bereiteten die Schülerinnen und Schüler anschließend für die Ausstellung im Kunstverein Offenbach auf. Die Installationen waren dort vom 22. Juni bis 01. Juli 2021 zu sehen.
Das Schulkünstlerprojekt wurde von der Stiftung der Sparkasse 1822 und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen gefördert.
Zwischen Lebenstraum und Covid 19
Selbstreflexionen im Medium Lyrik
Die aktuelle Coronakrise hat uns in unseren Grundfesten geglaubten Sicherheiten und Normalität erschüttert. Junge Menschen sind nach bisherigen Erkenntnissen nicht so sehr vom Virus im medizinischen Sinne betroffen. Doch wie hat sich die Pandemie auf ihren Alltag und ihre Zukunftsplanung ausgewirkt?
Geschichte zum Film – eine Beherbergungssuche
Wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie konnte die Universität keine Räume für die Schreibwerkstatt zur Verfügung stellen. Im Oktober beherbergte uns freundlicherweise der Frankfurter Salon jeden Sonntagnachmittag trotz laufendem Cafébetriebs und unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen. Wir fingen an, die Inszenierung für das Kellertheater Frankfurt zu besprechen. Im November bot uns das Kellertheater sogar seine Räume an, um bis zur Aufführung am 29. November 2020 dort in Ruhe weiter arbeiten zu können. Wir waren von größter Euphorie und Motivation getragen. Aber das SARS-CoV-2 war im Eroberungsrausch, dem Einhalt geboten werden musste. Lockdown light trat mit dem 2. November 2020 in Kraft. Theaterhäuser mussten schließen. Wir trafen uns fortan ausschließlich virtuell über Zoom. Die Motivation versickerte im virtuellen Raum. Nun die Texte mit Filmsprache inszenieren? Es brauchte etwas Zeit, um umzuswitchen. Wir haben es aber geschafft: Ein Tag vor Heiligabend. Sobald der Frankfurter Salon wieder öffnen darf, werden wir uns treffen, um uns persönlich zu verabschieden… oder, vielleicht sogar die Inszenierungsarbeit wieder aufzunehmen?
Dieses künstlerische Projekt wurde von der Hessischen Kulturstiftung als Arbeitsstipendium gefördert und in Kooperation mit dem Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften der Johann-Wolfgang-Goethe Universität durchgeführt.
Projektleitung: Tamara Labas
“Ich. Hier und jetzt…”
Identität, Selbst- und Fremdwahrnehmung im Medium Lyrik und biografisch-postdramatisches Theater
Ursprünglich sollten die in der Schreibwerkstatt entstandenen lyrischen Texte mit dem Tanztheater zum Ausdruck gebracht werden. Der Initiator des Projektes erkrankte und das Projekt kam ins Stocken. Die Projektpartnerinnen aus dem Tanzbereich konnten aus Termingründen ihren Teil des Projektes nicht zu Ende führen. Da die Textarbeit bereits beendet war und die Schüler*innen des Abiturjahrgangs sehr motiviert waren, ihre bis dahin geleistete Arbeit vor Publikum zu präsentieren, erarbeiteten sie unter meiner Leitung eine szenische Lesung. Mit Elementen des biografisch-postdramatischen Theaters inszenierten wir die Texte, welche auch in einem Booklet herausgegeben wurden.
Gesamtinszenierung: Tamara Labas mit Schüler*innen
Das Projekt wurde gefördert von Kulturfonds Frankfurt RheinMain GmbH im Rahmen von KUNSTVOLL im Schuljahr 2019/20 und dem Förderkreis des Albert-Schweitzer-Gymnasiums e.V. Offenbach am Main. Initiator des Projektes: Dr. Gaetano Biccari.
Zugvögel
Zugvogel mit gebrochenem Flügel, tiefer Trauer im Herzen, gelandet im Nest, das nicht nach Heimat duftet. Heimat – ein Wort voller Sehnsucht und bitterer Würze.
In meiner Schreibwerkstatt sprachen die Autorinnen darüber, was es bedeutet, die Heimat verlassen und Zuflucht in der Fremde finden zu müssen. Es war mir eine große Freude, den Frauen Gehör zu schenken und sie anzuleiten, ihre Gefühle in literarische Texte zu fassen. Mithilfe einer Sprachmittlerin und der jeweiligen Autorin übertrug ich anschließend in sprachlicher Feinarbeit die literarischen muttersprachlichen Texte ins Deutsche. Das Projekt wurde von Hiroko Takahashi initiiert.
Die sehr gut besuchte Lesung im Haus am Dom im Oktober 2019 war eine große Anerkennung für die Autorinnen. Im Pandemie-Jahr 2020 wurden mehrere Online-Lesungen durchgeführt.